Im Jahr 1925 erblickte Ernst in Winden am See das Licht der Welt. Es waren sechs Geschwister, drei Mädchen und drei Buben. Der Vater ist im Jahr 1937 gestorben, die Mutter hat die sechs Kinder alleine großgezogen. Ernst besuchte acht Jahre die Volksschule und übernahm bereits mit 12 Jahren die Arbeit des Vaters als Gemeindetrommler. Zu dieser Zeit wurden Amtsnachrichten und wichtige Mitteilungen vom Ausrufer auf definierten Plätzen mündlich kundgemacht.
1947 kam Ernst, 22-jährig, wie so viele junge Männer nach dem Krieg aus der dreijährigen Gefangenschaft in Stalingrad nach Hause, nach „Winden am See“. Er arbeitete in Folge auf einem großen Weingut in Gumpoldskirchen, wo er zum Kellermeister ausgebildet wurde und bis zur Pension in Oggau arbeitete. Zu dieser Zeit suchten Musiker aus Winden einen Bassbläser, genauer einen Helikonspieler - Tuben waren damals noch nicht gebräuchlich. Ernst ist ein guter Sänger, wass auch den Musikern u.a. dem „Fetty Anton“ auffiel. Anzumerken ist, dass schon damals viele junge Menschen mit Begeisterung musizierten. Sie fragten ihn, ob er Helikon spielen möchte. Er stimmte zu. Ein Helikon wurde vom Musikverein gekauft und Ernst zur Verfügung gestellt. Das war der Start für ein langes, erlebnisreiches und erfülltes Musikantenleben!
Ernst konnte zu diesem Zeitpunkt noch keine Noten lesen und hatte keine Ahnung, wie die Töne auf dem Helikon zu blasen sind. Geschweige denn hatte er Kenntnisse, über Griffkombinationen zur Bedienung der Ventile. In Jois nahm er bei Herrn Pfemeter ein paarmal Unterricht. Wenn Ernst den Lehrer fragte, was das für eine Note sei antwortete dieser immer: „Blas so, wie ich blase!“. Das so Erlernte war natürlich für einen guten Musiker viel zu wenig.
Erwähnt werden muss, dass Ernst dazumal sehr ehrgeizig und fleißig war und bis zum heutigen Tag geblieben ist! Er eignete sich die Harmonielehre sowie das Lesen der geschriebenen Noten im Laufe der Zeit selber an. Man muss sich vorstellen, dass zu dieser Zeit kein geeignetes Unterrichts-, bzw. Übungsmaterial zur Verfügung stand. Viele Musikstücke wurden von ihm zeitaufwendig abgeschrieben und archiviert. Dabei hat er viel über Notation gelernt. Tägliches, oft mehrmals tägliches Üben hat aus Ernst einen hervorragenden Musiker geformt. Ebenso, wie wir Musikanten ihn kennen und schätzen.
Aus historischer Sicht ist zu erwähnen, dass die Kapelle nach dem Krieg eine Feuerwehrkapelle war, wo ältere Musiker spielten. Daneben gab es bereits eine neu gegründete Jugendkapelle, wo auch Ernst spielte. Sobald das musikalische Können der Jugendlichen ausreichend war, spielten sie erstmalig im Rahmen eines Feuerwehrfestes mit der eigentlichen Kapelle zusammen. Im Laufe der folgenden Jahre, bis in die 70er, zogen sich ältere Musiker der ersten Garde, bedingt durch Abwanderung oder hohem Alter zurück. Auch sind einige Persönlichkeiten zwischenzeitlich verstorben.
Die Jungen übernahmen die freigewordenen Positionen. Die Größe der Feuerwehrkapelle unter der Leitung von „Fetty Anton“ betrug ungefähr 15 Mann. Zu dieser Zeit spielte die Kapelle in Winden im Gesellschaftsleben der Gemeinde eine sehr zentrale Rolle. Zu jedem Anlass wurde gespielt – das sogar mehrmals im Jahr! Die Auftritte waren im Vergleich zahlreicher als die heutigen Auftritte. Auch wurde wesentlich mehr marschiert. Zu bedenken ist, dass in dieser Zeit ausschließlich die Ortskapelle für die öffentliche Musik zuständig war und einen wichtigen Kulturträger darstellte.
Im Jahr gab es genug Tage, in dem der Auftrittsplan - wie an einem Kirtag - wie folgt aussah: Um 4 Uhr in der Früh wurde bereits um die Ortschaft gespielt. Danach die Feuerwehr in die Kirche mit klingendem Spiel begleitet. Solange alle in der Kirche waren, kehrten die Musikanten im Weinkeller ein. Dann marschierten sie mit der Feuerwehr wieder zurück. Anschließend sind sie von Haus zu Haus gezogen und haben jeweils, bis ca. 13 Uhr, ein Ständchen gespielt. Danach sind die Musikanten ins Wirtshaus mit dem damaligen Namen „Wolf“ zum Mittagessen eingekehrt. Nach dem Essen spielten sie zum Tanz bis weit in die Nacht auf.
Bemerkenswert ist, dass in den Anfangsjahren nur Blechblasinstrumente im Einsatz waren, aber in Folge immer mehr Streichinstrumente dazu kamen und letztendlich nur mehr Streicher spielten. Natürlich wurde unbedingt ein Kontrabass gebraucht. Herr Teisch konnte halbwegs Bassgeige spielen. Er holte sich Ernst und zeigt ihm die wichtigsten Griffe auf dem Instrument. Nach einigen Jahren, vermutlich in den 70er, löste sich die Kapelle auf. Einer der Gründe war, dass die älteren Musikanten unter sich blieben und nicht ausreichende persönliche Kontakte zu den Jüngeren pflegten.
Doch bald danach wurde wieder die Blasmusikkapelle als Musikverein unter Professor Helmut Milletich gegründet. In den nächsten Jahren folgten die Kapellmeister: Hannes Eigner, Wolfgang Krenn und Herr Kurz. Besonders unter der Ära vom Herrn Kapellmeister Kurz wurden zahlreiche Auftritte bei Bällen in den Nachbargemeinden organisiert. Da wurde bis in die Früh gespielt. Erst später wurde auch im Rahmen von Festaktivitäten in andern Bundesländern musiziert.
Gegenwärtig kommt Ernst regelmäßig und spielt mit Begeisterung. Es gibt keine Probe, wo er sich nicht vorbereitet hätte. Wir Musikerkolleginnen und Kollegen freuen uns immer wieder. Bei allen Auftritten ist er dabei und wenn es passt, erzählt er seine neuesten Witze. Sein Tubistenkollege ist froh, dass er das tiefste Register mit seiner F-Tuba verstärkt und hofft, dass er das noch lange tun kann.
Im gegenwärtigem Musikverein „Winden am See“, unter der Leitung von Gerhard Bierbaum, funktioniert das „Miteinander der Generationen“ (mindestens vier Generationen von Musikantinnen und Musikanten sind vertreten) hervorragend. Der Zusammenhalt, die Kameradschaft ist vorbildlich! Die Musikqualität ist entsprechend hoch zu bewerten.
Erstaunlich ist, dass Ernst auch noch in einer weiteren Kapelle mit seiner F-Tuba spielt, den „D’Zsaumgwiafüdn“. Seine Kondition ist bewundernswert.
Ernst ist als Mensch und Musikant ein großes Vorbild. Es ist eine Ehre, mit ihm spielen zu dürfen!